Lyrik & Prosa

Die Kunst des Fliegens

Die Kunst des Fliegens

Es gibt Dinge auf der Welt, die man einfach nur ganz schlecht theoretisch beschreiben kann.

Da kann einer dreimal davon erzählen, er wäre auf den höchsten Berg der Welt gestiegen und mir von dünner, kaum atembarer Luft, Kälte und Entbehrungen erzählen. Eine wirkliche Vorstellung davon, was es heißt, den Willen über den Körper zu stellen, werde ich davon sicherlich kaum bekommen.
Wenn einer versucht zu beschreiben, welch Rausch der Geschwindigkeit es sein kann, in einem Rennwagen über eine lange Strecke dahin zu rasen; wie es ist, jede kleine Bewegung des Wagens zu spüren, jede Unebenheit des Strasse und jede Windböe, die den rasenden Punkt auf der Strasse zu fangen sucht; dann sehe ich vielleicht Bilder in meinem kleinen innerlichen Kino, doch das Gefühl es zu erleben, dabei zu sein, werde ich nicht haben.

Und so ist das mit vielen Dingen. Geschmack zu beschreiben ist immer notdürftig. Vergleiche müssen herhalten und verwirren doch nur. Musik zu beschreiben grenzt schon an Unmöglichkeiten. Wie beschreibt man den Ausdruck einer Stimme, das Gefühl, welches der Künstler hineinlegt? Das gemeinsame Bild von Melodie, Rhythmus beschreiben zu wollen ist allemal anfänglich.

Und dann die Erfahrungen … Wie soll eine Frau anderen beschreiben, wie das Gefühl, wie die Erfahrung ist, ein Kind zur Welt zu bringen, das Leben in sich zu spüren? Wie kann ein Dirigent anderen begreiflich machen, wie es sich anfühlt, vor einem großen Publikum ein wirklich schweres Stück Musik auf die Bühne gebracht zu haben, ein Orchester vor sich zu wissen, welches auf die kleinste Geste reagiert, als ein ganzer Körper zu leben scheint?

Es gibt einfach Dinge, die sich nicht beschreiben lassen, die man selbst erfahren muss, um sie zu begreifen. So war das auch mit dem Fliegen…

Die Kunst des Fliegens

…Wie kann ein Dirigent anderen begreiflich machen, wie es sich anfühlt, vor einem großen Publikum ein wirklich schweres Stück Musik auf die Bühne gebracht zu haben, ein Orchester vor sich zu wissen, welches auf die kleinste Geste reagiert, als ein ganzer Körper zu leben scheint?

Es gibt einfach Dinge, die sich nicht beschreiben lassen, die man selbst erfahren muss, um sie zu begreifen. So war das auch mit dem Fliegen…


und weiter gehts…

Für bestimmte Erfahrungen und Erlebnisse muss man einfach gewappnet sein. Vorbereitung ist alles, weil uns sonst die Überraschung aus den Latschen haut oder wir beginnen rückwärts zu husten. Manchmal gehen wir ganz bewusst und erwartungsfroh an ein Erlebnis heran, öffnen schon vorab unsere Sinne weit und versuchen alles in uns aufzunehmen, als könnten wir den Augenblick für die Ewigkeit konservieren. Wir sind so darauf erpicht, ja nichts zu verpassen, jede kleinste Regung und Veränderung zu erfassen, dass uns der Gesamteindruck leicht verloren geht.

Manchmal geschehen solche Erlebnisse aber auch heimlich, fast schleichend und ehe wir es uns versehen, stecken wir schon mittendrin. Wir sind dann wie Kinder, welche die Welt neu für sich entdecken, gehen mit offenem Mund und mit strahlenden Augen durch den Augenblick und staunen und freuen uns. Auch hier ist der Mensch oftmals versucht die Zeit anzuhalten, um alles mehr, intensiver, auskosten zu können, mit der Angst versehen, entscheidendes zu verpassen. Wir Menschen sind so, es ist Teil unseres Wesens immer mehr zu wollen und Angst zu haben, loszulassen…

Das Fliegen beginnt leise, fast nicht spürbar. Keine der großen Anstrengungen der Menschen hat es je wirklich begriffen oder erfasst. Ikarus, Lilienthal, sie alle waren vom Traum des Fliegens beseelt und haben doch nur reproduziert, versucht das Gefühl künstlich nachzubauen, festzuhalten. Von Alters her beobachten wir die Vögel und stellen fest: uns fehlt das Wesentliche zum fliegen: Flügel. Doch den Unterschied zwischen dem wahrhaftigen Fliegen und dem eher mechanischen Gleiten durch die Luft, haben wir nie begriffen. Es ist das Nichtbgreifen was uns Flugzeuge, Hubschrauber, Raketen bauen lässt und mit Stolz hören wir uns sagen: wir haben es geschafft! Wir haben die Natur, die Naturgesetze überlistet, wir fliegen!

Welch überheblicher Selbsttäuschung fallen wir doch anheim und wie wenig haben wir doch die wahren Gesetze des Lebens verstanden. Wir sind im Grunde noch immer Urmenschen, die versuchen die Natur zu imitieren und glauben mit unserem ach so großartigen menschlichen Geist hätten wir selbst etwas erschaffen. Zeige einem Hund ein Dutzend mal, wie eine Tür geöffnet wird und er wird es auch können. Er imitiert, macht nach, lernt und hat doch letztlich weder Hintergrund noch Zusammenhang wirklich verstanden…

Fliegen beginnt vor allem im Kopf, im Herzen…

Die Kunst des Fliegens

Das Fliegen beginnt leise, fast nicht spürbar. Keine der großen Anstrengungen der Menschen hat es je wirklich begriffen oder erfasst. … Von Alters her beobachten wir die Vögel und stellen fest: uns fehlt das Wesentliche zum fliegen: Flügel. Doch den Unterschied zwischen dem wahrhaftigen Fliegen und dem eher mechanischen Gleiten durch die Luft, haben wir nie begriffen. Es ist das Nichtbegreifen was uns Flugzeuge, Hubschrauber, Raketen bauen lässt und mit Stolz hören wir uns sagen: wir haben es geschafft! Wir haben die Natur, die Naturgesetze überlistet, wir fliegen!

Fliegen beginnt vor allem im Kopf, im Herzen…

Und nun zum Schluss:

Wer hoch hinaus will, sollte sich beizeiten darüber Gedanken machen, wie er wieder zurück kommt. Fliegen ist dabei nur die halbe Medaille, wer nur das das Fliegen beherrscht, wird wenig Freude daran haben. Die Landung ist oft schwieriger und meist wesentlich schmerzhafter als der Flug selbst.

Alles kehrt zurück zur Erde, zurück auf den festen Horizont, die Ebene unseres Lebens und Verständnisses. Wir vergessen dies im Überschwang der Gefühle, im Rausch des Fluges, nur allzu gern und schlagen dann metaphorisch hilflos mit den Flügeln, wenn es bergab geht.

Der Drang der scheinbaren Freiheit, der Unbekümmertheit, dem Wolkenspiel, der Freude, der Liebe, endlos nachzugeben, ist allzu groß. Wer es gelernt hat mit dem Auge, dem Kopf, dem Wissen und den Gefühlen zu fliegen, der will sich nie wieder einengen lassen, der will kaum zurück.

Doch nichts dauert ewig für uns. Kein Flug, keine Idee, kein Gefühl, kein Schweben zwischen den Wolken. Es kommt darauf an, wie sanft die Landung sein mag, was für danach kommen wird, worauf wir uns freuen können, wovor wir uns zu fürchten glauben. Die Ungewissheit auf die Zukunft und das Gefühl des Verlustes lassen uns die Landung oftmals grau und düster erscheinen.

Sanfte Landung. Das Wunschbild, die ideale Vorstellung, fast schon ein sanftes Gleiten, ohne dass man wirklich merkt und begreift, dass der Flug schon vorüber ist. Die reale Zeit hat uns wieder in ihren Bann geschlagen und trotzdem schaut die Erde nicht mehr so grau aus wie zuvor. Ein Hauch jener eigentümlichen Magie des Fliegens ist in uns geblieben und wird uns begleiten.

Bruchlandung. Krach und Bumm und Weh und ach. Niemand ist darauf vorbereitet. So oft man auch schon zur Landung angesetzt hat, es gibt kein geeignetes Training, um das an sich vorbei ziehen zu lassen, was folgt. Sofern wir noch einen Funken jenes Lebens und Strebens, Fühlens und Denkens in uns spüren, der uns eben den Flug erst ermöglicht hat, werden wir auch die Bruchlandung intensiv spüren, wird aus der himmelschreiende Freude plötzlich erdiger Schmerz und wir sehnen uns zurück, wohl wissend, dass sie Zeit unbestechlich ist, ein endgültiger Wächter, der uns entreißt, was wir doch zu halten bestrebt sind.

Und so ist das Fliegen gleichsam Teil und Spiegelbild, ein auf und nieder unserer selbst. Fliegen beginnt vor allem im Kopf, im Herzen und es endet auch dort.

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